Siebenmeter-Festival in Leipzig

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SG Leutershausen
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Siebenmeter-Festival in Leipzig
Mit Abpfiff brachen alle Dämme. Gianluca Pauli wusste nicht, wohin er zuerst gehen sollte. Über 90 Leutershausener Fans lagen sich jubelnd auf der Tribüne in den Armen – geschlossen kamen Mannschaft und Trainerteam spontan mit dazu und begannen mit dem Freudentanz. Der Grund: Die Handballer der SG Leutershausen hatten bei der SG Leipzig II eine unfassbare Moral gezeigt und nach zwischenzeitlichem Sieben-Tore-Rückstand noch ein 30:30-Unentschieden erkämpft. Kurios, dass Linksaußen Pauli 14 Siebenmeter werfen durfte und aus jedem einzelnen ein Torerfolg resultierte – wenn auch zweimal im Nachwurf. Insgesamt war er mit 16 Toren der unbestrittene Mann des Abends.
„Es klingt jetzt vielleicht blöd, aber ich habe immer daran geglaubt, dass wir nochmal zurück kommen können“, strahlte Pauli auf dem Feld. Ob er schon einmal 16 Tore in einem Spiel gemacht habe, daran konnte er sich nichtmehr genau erinnern: „In der C-Jugend vielleicht, aber so oft kommt das nicht vor. Wir haben eine unglaubliche Moral gezeigt und bewiesen, was wir für eine geile Mannschaft sind.“
Schließlich waren die Roten Teufel gezwungen, die weite Busreise nach Leipzig mit einer echten Rumpftruppe anzutreten. Neben den Langzeitverletzten Max Rolka, Felix Jaeger und Manel Cirac musste diesmal auch Ersatztorhüter Jörn-Thore Döding in der Heimat bleiben. Er wurde bei der Zweiten Mannschaft gebraucht. Dass Leistungsträger Hendrik Wagner weiterhin nur mit starken Schmerzen spielen konnte, kam noch erschwerend dazu. Es half aber alles nichts, die Roten Teufel bissen auf die Zähne und boten den Zuschauern in der Sporthalle Brüderstraße eine unvergessliche Aufholjagd.
Kurzer Rückblick: Knapp zwanzig Minuten vor dem Abpfiff leuchtete von der Anzeigetafel noch eine 23:16-Heimführung für die SG Leipzig, die in diesem Jahr bisher nur gegen Eisenach verloren hat und eine unfassbar starke Rückrunde spielt. Leutershausen bekam bis dato keinen richtigen Zugriff in der Abwehr, die Ostdeutschen fanden immer wieder die Lücke über den Kreis. „Leipzig hat das wirklich gut gespielt“, sagte Frank Schmitt. Gerade mit  Rückraum-Shooter Julius Meyer-Siebert hatte man große Probleme: Der Zwei-Meter-Mann spielte clever mit Kreisläufer Oliver Seidler zusammen und traf selbst nach Belieben – am Ende gingen zwölf Treffer auf seine Kappe. Trainer Schmitt wusste, dass es lange Zeit nicht so aussah, als würde seine Mannschaft noch etwas Zählbares mitnehmen. Er war stolz: „Schon gegen Schwetzingen haben wir einen Zehn-Tore-Rückstand aufgeholt. Dieses Team hat Charakter und Moral.“
„Außerdem war die Unterstützung der Zuschauer überragend, so wie wir es gewohnt sind“, lobte Schmitt. Der vom Reisebüro Roth organisierte, vollbesetzte Fanbus und die lautstarken Unterstützer vom Fanclub Rote Teufel machten mit Trommeln ordentlich Krach und kamen bei diesem verrückten Spiel auf ihre Kosten.
Mitentscheidend für die Wende war Schmitts taktische Umstellung in der Abwehr. Knapp 17 Minuten vor Ende wechselte der Übungsleiter die Formation, ließ Mittelmann Philipp Jaeger und Kapitän Niklas Ruß offensiv decken und brachte damit das Leipziger Angriffsspiel massiv ins Schwimmen. Die junge, talentierte Heimmannschaft wirkte plötzlich unsicher und verspielte leichtfertig einen Ball nach dem anderen. Enrico Henoch, der Trainer der Leipziger, hatte keine richtige Erklärung für den Einbruch seiner Jungs: „Vielleicht lag es daran, dass Coburg am Freitag verloren hat.“ Das hatte nämlich zur Folge, dass die Leipziger schon vor dem Spiel den Klassenerhalt gesichert hatten. Man habe irgendwann gedacht, so Henoch, dass man das Spiel schon irgendwie gewinne: „Aber das reicht dann in der Dritten Liga eben nicht.“ Sein Gegenüber, Schmitt, konnte dagegen glücklich sein, dass seine Schützlinge nie aufgegeben und genau diese Unsicherheiten für sich ausgenutzt haben. Und im Angriffsspiel profitierte Leutershausen auch in der Schlussphase weiterhin davon, dass Pauli vom Siebenmeterstrich keine Nerven zeigte. Der Rest ist Geschichte. Fazit: Es war kein Sieg, fühlte sich aber wie einer an.
SG Leipzig II – SG Leutershausen 30:30 (15:12): Hübe – Bernhardt 1, Schwarz, Stippel 1, Jaeger 4, Ruß, Gasser, Streitberger, Wagner 3, Seganfreddo 2, Mantek 3, Pauli 16/12.