Löwenfans lassen die SAP-Arena wieder einmal beben

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Rhein-Neckar Löwen – TSV Hannover-Burgdorf        30:23      (15:12)

Die SAP-Arena geriet am Samstagabend beim Heimspiel der Rhein-Neckar Löwen wieder einmal vollkommen aus dem Häuschen. Schon Minuten vor dem Ende der Partie gegen den TSV Hannover-Burgdorf standen 11992 Zuschauer und feierten den ersten Sieg ihrer Lieblinge im Jahr 2020. Außerdem gelang den Gelbhemden unter ihrem neuen Trainer Martin Schwalb auch eine klare Revanche für die Pokalniederlage im Dezember. Der 30:23 Erfolg war für die Löwen und ihre Anhänger wie Balsam auf die in den letzten Woche arg geschundene Seele. 

„Tag der Vielfalt“ in der SAP-Arena (Foto: cls)

Die Zuschauer wurden beim Einlaufen der Gastgeber von einer Aktion der Löwen überrascht. Unter dem Eindruck des rechtsradikalen Attentats in Hanau hatten die Badener zum „Tag der Vielfalt“ eingeladen. Bei den Hausherren liefen nur fünf Spieler auf die Platte. „So würde das Löwen-Team aussehen, wenn wir nur die deutschen Spieler aufbieten könnten,“ erklärte Hallensprecher Kevin Gerwin. Als sich dann sieben deutsche Hannoveraner Akteure dazugesellten ergänzte er: „Und das wären alle Spieler beider Mannschaften.“ Diese Gruppe am Mittelkreis in der Arena machte deutlich, dass Spitzenhandball in der deutschen Bundesliga ohne die „internationale Vielfalt“ nicht möglich wäre, „Handball kennt keine Grenzen.“ Es passt denn auch dazu, dass mit dem Slowenen Nejc Cehte ein Ausländer den Torreigen eröffnete. 

Bei seinem ersten Auftritt in der SAP-Arena sah Martin Schwalb ein kampfbereites Löwenteam, das sich nach einem etwas nervösen Beginn immer mehr steigerte. Kapitän Mikael Appelgren gab mit zwei tollen Paraden das Zeichen für seine Vorderleute, dass die Löwen sich mehr wehren müssen, wenn sie an diesem Abend etwas reissen wollten. Die Deckung wurde tatsächlich immer stabiler und Hannover-Burgdorf wurde immer öfter ins Zeitspiel gezwungen. Im Angriff der Gastgeber ging bis Mitte der ersten Hälfte auch noch der Fehlerteufel um, so dass auch gut gemeinte Aktionen beim Gegner landeten. Mit einem 3:0 Lauf drehten die Badener die Partie und wandelten einen 8:9 Rückstand durch Treffer von Ymir Örn Gislason, Andy Schmid und Jerry Tollbring in eine 11:9 Führung. Trotz vieler gut erarbeiteten Gelegenheiten konnten die Gelbhemden diesen Vorsprung nicht weiter ausbauen, da der eingewechselte Domenico Ebner sein Tor zuerst einmal vernagelte. In der Schlussphase des ersten Durchganges legten die Schützlinge von Trainer Schwalb noch einmal nach und gingen mit einer 15:12 Führung in die Pause.

Mads Mensah fand wieder eine Lücke in der Abwehr der Niedersachsen (Foto: cls)

Die Löwen kamen hellwach aus der Kabine und brachten mit Niclas Kirkelökke und Roman Lagarde zwei frische Kräfte in den Rückraum, die sich sofort mit je einem Tor einführten. Als Tollbring den Abpraller zum 18:14 hinter Torhüter Ebner versenkte, stand die Arena das erste Mal Kopf. Zu diesem Zeitpunkt wurde schon deutlich, dass der Spielmacher der Niedersachsen, Morten Olsen, in dieser Begegnung zu keiner Zeit die Dominanz erreichen würde, die er im Pokalviertelfinale in Mannheim gezeigt hatte. Recken Trainer Carlos Ortega versuchte verschiedene taktische Varianten, die aber meistens nicht den Erfolg brachten, den man erhofft hatte. So blieb die Maßnahme, mit zwei Kreisläufern zu attackieren, eine stumpfe Waffe, da die erarbeiteten Chancen vergeben wurden. 

Folge war, dass Trainer Ortega beim Stand von 21:16 eine Auszeit nahm, die allerdings ebenfalls ins Leere lief. Beim anschließenden Angriff verloren die Gäste den Ball und konnten den daraus entstandenen Gegenstoß nur mit einem Foul verhindern. Den fälligen Siebenmeter versenkte Schmid sicher zur 22:16 Führung. Mitte der zweiten Halbzeit entschied dann Patrick Groetzki mit seinem zweiten Tor zum 24:17 die Partie schon vorzeitig. Nachdem Spielverlauf, den die Löwen-Fans bis dahin feiern durften, konnte niemand mehr glauben, dass die Ortega Sieben das Ding noch drehen würde. 

Soviel Freiheit hatte Janina Kohlbacher selten (Foto: cls)

Zu Beginn der Schlussphase hatten sich die Gastgeber auf 28:19 abgesetzt und damit den Sack zugeknöpft. Die Arena feierte schon zu diesem Zeitpunkt ihre Mannschaft. Vergessen waren all die mühevollen Partien der letzten Zeit. Die Fans verziehen ihren Jungs sogar, dass sie einen Gang zurückschalteten und der TSV mit seinen Nachwuchskräften Ergebniskosmetik betreiben konnte. Auf der Tafel stand 28:23 als die letzte Minute begann. Da haben die zwei Löwen, die dieser Begegnung den Stempel aufgedrückt hatten, noch einmal Gas gegeben. Torhüter Appelgren war mit einer weiteren Parade gegen Nationalspieler Fabian Böhm zur Stelle und Schmid markierte mit seinem zehnten Torerfolg das 29:23. „Appel“ parierte auch den nächsten Wurfversuch der Gäste und schickte Groetzki auf die Reise. Unter tosendem Beifall der Fans erzielte der schnelle Linkshänder den Endstand von 30:23. Die Niedersachsen versuchten zwar noch, durch eine schnelle Mitte einen letzten Treffer im Gehäuse der Hausherren unterzubringen, scheiterten wie so oft an diesem Abend an der Nummer eins der Löwen. 

Der Einstand von Martin Schwalb in der Arena war gelungen. Der Mann des Abends war sein Spielmacher Andy Schmid. Der Schweizer im gelben Dress erzielte nicht nur zehn Kisten, sondern holte auch noch sieben Scorer-Punkte. Er war wieder einmal der „Vater des Sieges“. Hervorzuheben wäre außerdem der isländische Neuzugang, der erst zum dritten Mal im Löwentrikot auflief. Gislason vollbrachte im Mittelblock der Löwen einen sehr guten Job. Er war allerdings am meisten von der Kulisse in der Arena beeindruckt. In Island spielte er bis jetzt vor einigen hundert Zuschauern. „Ich hatte sehr viel Spaß auf dem Feld. Wir haben gekämpft wie echte Löwen. Die Fans waren unglaublich, standen 60 Minuten hinter uns. Das war großartig, ein tolles Gefühl“ erklärte er nach Spielende sichtlich gerührt in die laufende Kamera. 

Ymir Gislason war eine Tragende Säule im Abwehrbollwerk der Löwen (Foto: cls)

Die Arena ist schon am nächsten Dienstag, 03.03.20 wieder gefordert, denn die Löwen empfangen mit der DHfK Leipzig einen weiteren dicken Brocken. Der Aufwärtstrend der Gelbhemden soll dann fortgesetzt werden. 

Für die Löwen spielten: Mikael Appelgren, Andreas Palicka – Andy Schmid (10/6), Niclas Kirkeløkke (1), Romain Lagarde (1), Jerry Tollbring (2), Ilija Abutovic, Mads Mensah (3), Steffen Fäth, Patrick Groetzki (4), Gedeon Guardiola (2), Alexander Petersson (2), Ymir Örn Gislason (1), Tim Ganz, Jannik Kohlbacher (4), Maximilian Kessler

Für Hannover spielten: Domenico Ebner (ab 20.), Urban Lesjak – Nejc Cehte (5), Veit Mävers (1), Mait Patrail, Evgenj Pevnov (1), Alfred Jönsson (3), Fabian Böhm (4), Cristian Ugalde (2), Jannes Krone (1), Morten Olsen, Ilija Brozovic (1), Hannes Feise (2), Timo Kastening (3), Vincent Büchner