Friends for Jens

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Karlsruhe (esch) Über 700 Zuschauer bevölkerten die Eichelgartenhalle in Karlsruhe-Rüppurr um Augenzeuge eines Handballspieles zwischen „David“ und „Goliath“ zu werden. „David“ Kreisligist Turnerschaft Mühlburg forderte keinen geringeren „Goliath“ heraus, als den deutschen Vizemeister Rhein-Neckar-Löwen. Der badische Spitzenclub nahm die Einladung zu dieser Begegnung ohne Gage an, da es sich um eine Herzenssache handelte. Der Erlös aus dieser abendlichen Partie ging in das Projekt „Friends for Jens“. In seinem Vorbericht zu diesem Benefizspiel hat „Handball-Baden“ die Problematik um Jens ausführlich beschrieben.

Bildschirmfoto 2014-08-06 um 22.02.15
Link zum Bericht bei Baden TV

Damit der Unterschied nicht zu krass wurde, verstärkte sich die Mannschaft aus dem Karlsruher Westen durch sieben Gastspieler. Der Bekannteste unter ihnen war das Bundesliga-Urgestein Frank Ettwein von der HBW Balingen-Weilstetten. „Als ich von Mühlburg wegen dieser Sache angerufen wurde, habe ich es kurz mit meinem Arbeitgeber besprochen und konnte dann sofort zusagen. Ich komme seit drei Jahren immer wieder gerne hierher, denn die Menschen hier sind so ähnlich wie ich, immer gut drauf und lustig,“ erklärte der sympathische Schwabe. Noch weiter weg, nämlich in Fürstenfeldbruck ist Sebastian Meinzer zuhause: „Mich hat Johannes Schmid, ein Freund aus der Jugendzeit angerufen, der hier in Karlsruhe studiert und heute als Schiedsrichter die Begegnung begleitete. Als ich hörte dass es gegen die Löwen geht und dass es um eine gute Sache geht, habe ich sofort zugesagt.“ Torhüter Christian Henkens freute sich besonders darauf, einen Zimmerkollegen aus der Internatszeit in Eisenach zu treffen. Er absolvierte zur gleichen Zeit wie Neulöwe Stefan Kneer die Ausbildung am Handball-Internat des ThSV Eisenach. Vom Karlsruher Badenligist TV Knielingen kam Gerrit Kirsch und verstärkte den Kreisligisten. Die Turnerschaft hatte sich mit Markus Wenning vom Drittligisten SG Köndringen-Tenningen und den beiden Landesligaspielern Christian Braun (TG Eggenstein) und Christopher Boss (HSG Weingarten/Grötzingen) zusätzliche Helfer ausgeliehen.

Sie wurden alle Freunde von Jens (Foto: cls)
Sie wurden alle Freunde von Jens (Foto: cls)

Schirmherr der Veranstaltung war der Karlsruher Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup, der Zuschauer, die beiden Mannschaften und den kleinen Jens mit seiner Familie in der Halle begrüßte. Löwenkapitän Uwe Gensheimer überreichte Jens ein Löwentrikot, das von allen Spielern und Betreuern unterschrieben war.

Unter der Leitung der Schiedsrichter Stefan Scheurer und Johannes Schmid entwickelte sich in der ersten Hälfte eine Begegnung, indem der „Underdog“ mit mancher gelungenen Aktion überraschen konnte. Zwar gingen die Löwen standesgemäß mit 1:5 in Führung, aber Ettwein, Kirsch und Braun sorgten dafür, dass der Bundesligist nicht zu weit enteilen konnte. Bis Mitte der ersten Hälfte hielt sich der Rückstand der Turnerschaft beim 6:9 noch in Grenzen. Trainer Nikolai Jacobsen hatte inzwischen auf einigen Positionen durchgewechselt und seine Jungs bauten den Vorsprung erstmals auf fünf Tore aus. Kirsch verkürzte durch zwei tolle Einzelaktionen auf 8:11. In einem Zwischenspurt setzten sich die Gelbhemden auf 8:14 ab und damit schien die Begegnung den erwarteten Verlauf zu nehmen. In den letzten zehn Minuten vor dem Wechsel griff Meinzer in das Geschehen ein und stellte seine Fähigkeiten sofort unter Beweis. Mit drei Treffern führte er seine Mannschaft wieder heran. In der Schlussphase gaben die Löwen vor allem in der Abwehr Gas und eroberten sich immer wieder den Ball, schalteten schnell auf Angriff um und setzten sich in sechs Minuten auf 11:23 ab. Mit dem Halbzeitpfiff lag der Vizemeister 12:24 vorne.

Nach dem Wechsel hütete Lokalmatador Bastian Rutschmann das Gehäuse der Löwen und vernagelte es phasenweise. Der Kreisligist schaffte es in Hälfte zwei nur noch achtmal, dass „Rutsche“ den Ball aus dem Netz holen musste. Seine Vorderleute agierten in der zweiten Hälfte wesentlich konzentrierter in der Deckung. Jeder Ballgewinn führte sofort zu einem schnellen Gegenstoß, von denen aber nicht alle zu Toren führten. Zum einen konnte Henkens öfters mit gelungenen Paraden glänzen, zum anderen ließen die Löwen so manche Chance liegen. Auch in Hälfte zwei wechselte Trainer Jacobsen öfters aus, so dass alle Spieler längere Einsatzzeiten bekamen und sich alle Akteure sich in die Torschützenliste eintragen konnten. Herausragender Schütze war nach dem Wechsel David Ganshorn mit neun Treffern. Der junge Kreisläufer aus dem Perspektivteam der Löwen trainiert zurzeit bei den Profis mit. Am Ende setzte sich der Vizemeister der Bundesliga mit 20:52 durch und wurde mit riesigem Applaus vom Publikum verabschiedet.

Für die Spieler beider Mannschaften war an diesem Abend das Ergebnis jedoch zweitrangig. Für alle ging es in erster Linie darum, dass dem kleinen Jens und seinen Eltern geholfen wird. Frank Ettwein erklärte nach dem Schlusspfiff: „Ich habe selber eine Tochter von anderthalb Jahren. Sie ist also so alt wie Jens war, als das Unglück mit ihm geschah. Da bekommt man schon eine Gänsehaut, wenn man die Geschichte hört und es treibt einem die Tränen in die Augen.“ Sebastian Meinzer war vor allem davon beeindruckt wie die Profis mit dieser Sache umgingen: „Als erstes finde ich es super, dass die Löwen ohne Gage hier angetreten sind. Die Verletzungsgefahr ist solch einem Spiel gegen unterklassige Vereine ist immer da. Die Löwen haben das heute super gemacht, haben tolle Spielzüge gezeigt und haben bis zum Ende tollen Sport geboten.“ Bastian Rutschmann drückte aus, was sicher die meisten Spieler an diesem Abend empfanden: „Als Jens in die Halle geschoben wurde waren wir gerade beim Warmmachen und man spürte, dass es jedem nahe ging. Einige von uns haben selber Kinder und wie oft verschluckt sich ein Kind. Es ist einfach ein unglaubliches Pech, wenn so etwas passiert wie bei Jens. In solch einem Spiel ist dann jedes Ergebnis zweitrangig, es geht nur darum dem Kind zu helfen. Schön war es natürlich, dass die Halle ausverkauft war. Bei uns gab es durchweg eine positive Ressonanz, dieses Spiel anzugehen, als wir die Hintergründe erfahren haben. Wir wollten einfach helfen.“
Uwe Gensheimer wandte sich zum Abschluss noch einmal an die Eltern und den kleinen Jungen: „Wir sind stolz, dass Jens ein Löwenfan ist.“

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Jens mit seinen vielen Freunden (Foto: cls)
Jens mit seinen vielen Freunden (Foto: cls)