Ein gelungener Start des „Löwentalk“

0
2434
Jennifer Kettemann begrüßt Moderator Frank Schneller (Mitte) und Karsten Petry (Foto: cls)

Die Rhein-Neckar Löwen hatten zum Löwen-Talk ins Hilton Garden Inn in Mannheim eingeladen, einem neuen Format des Informationsaustausches und viele Gäste sind dieser Einladung gefolgt. Löwen Geschäftsführerin Jennifer Kettemann, die vor einem Jahr zusammen mit dem Sport-Journalisten Frank Schneller begann diese Veranstaltung zu entwickeln, stellte bei ihrer Begrüßung auch die Podiumskollegen vor. Neben dem Hamburger Experten, der die Gesprächsrunde als Moderator führte, hatten eine der deutschen Handballgrößen, Stefan Kretzschmar, sowie Karsten Petry, Deutschlandchef der Vermarktungsagentur Octagon und Gastgeberin Kettemann auf dem Podium Platz genommen. Frank Schneller schaffte es in kurzer Zeit eine rege Diskussion zu entfachen, in die mit der Zeit auch die Zuhörer eingebunden wurden. Im Vordergrund stand im Wesentlichen der Handball mit all seinen Stärken und Schwächen. Dabei wurden Themen angesprochen und bewertet, die vor allem nach der großartigen Weltmeisterschaft zu Beginn des Jahres in den Mittelpunkt gerückt sind. 

Die breite Öffentlichkeit entwickelte einen Hype für diese Sportart, was Karsten Petry allerdings versuchte etwas differenzierter zu betrachten. Während der Spiele dieser WM entstand tatsächlich in den Hallen, in den Medien und auch unter den Menschen, die sich eigentlich bisher nicht sonderlich für diese Sportart interessiert hatten, eine unglaubliche Begeisterung. Aber ist davon wirklich viel übriggeblieben? Sieht der Alltag in der Bundesliga und den Ligen darunter nicht anders aus? Petry zog eine klare Trennlinie zwischen internationalen Meisterschaften und Olympiaden zu dem normalen Spielbetrieb. Die meisten Vereine müssen heute mit Zuschauer- und Mitgliederschwund leben. 

Als drittes Podiumsmitglied ergänzt Handball-Experte Stefan Kretzschmar die Gesprächsrunde (Foto: cls)

Aus diesem Thema entwickelte sich auch die Frage nach Persönlichkeiten, die diese Sportart prägen, Handball-Typen wie Heiner Brand oder Stefan Kretzschmar. Petry erklärte hierzu: „Typen, die ihren Sport leben und präsentieren, können nicht durch irgendwelche Strategien kreiert werden. Sie sind es, weil sie ihre Authentizität nicht verloren haben.“ Die sportliche Leistung ist nicht allein ausschlaggebend was einen „Typen“ ausmacht. Kretzschmar ergänzte diese Meinung: „Die großen Superstars haben Charisma, es ist die Strahlkraft ihrer Individualität die den großen Unterschied ausmacht.“ Mit einem Ausflug in andere Sportarten fügte er hinzu: „Ein Zverev wird kein Boris Becker und Vettel wird kein Michael Schumacher.“

Karsten Petry bog mit seinen Überlegungen, wie man im Handball neue Wege finden könnte, um diese Sportart voranzutreiben, in den Bereich E-Sport ein und entfachte damit eine ziemlich kontroverse Diskussion. Während Jennifer Kettemann zugab, dass die Löwen noch kein schlüssiges Konzept für E-Sport haben, gab Herr Petry Einblicke wie dieses Thema in anderen Sportarten schon ernsthaft betrieben wird. So besitzen fast alle Fußball-Bundesligisten eine eigene Abteilung für E-Sport. Bisher müssen die Clubs aber nur investieren und erzielen noch keine Gewinne. Der Handball kann noch keine geeignete Plattform vorweisen. 

Stefan Kretzschmar bezog zu diesem Thema eine klare Stellung: „E-Sport finde ich grauenvoll. Das ist kein Sport, das kann man nicht ernst nehmen, das ist eine Gelddruckmaschine.“

Eine spannende Entwicklung erwarten die Podiumsmitglieder zum Thema „Tracking“, das inzwischen von der HBL kräftig angeschoben wird. Inwieweit dadurch aber ein zu großer Eingriff in die Privatsphäre der Spieler eintreten wird, konnte keiner vorhersehen. DHB-Sportdirektor Axel Kromer, der ebenfalls der Veranstaltung beiwohnte, gab zu bedenken, dass noch nicht klar erkenntlich sei, welche Daten für eine Leistungsdiagnostik notwendig seien. „Wer viel misst, misst auch viel Mist“, bezog er deutlich Position zu diesem Thema. Er stellte daher noch die Frage in den Raum: „Wie weit darf ein Verein die privaten Daten eines Spielers überhaupt nutzen?“

Die Gesprächsrunde befasste sich auch noch mit dem Thema Mitgliederschwund und wie man dagegen arbeiten kann. Karsten Petry konnte hier wieder mit einem Querverweis zum Fußball einen wichtigen Beitrag leisten. Beim großen Bruder hatte man festgestellt, dass in bestimmten Altersklassen im Jugendbereich sich immer mehr Spieler sich aus den Teams zurückziehen. Eine Untersuchung habe dann ergeben, dass eine Überalterung der Jugendtrainer zu Akzeptanzproblemen beim Nachwuchs führe und hat den sogenannten „Junior-Coach“ eingeführt. Diese Anregung von Petry erregte das Interesse nicht nur bei den Podiumsmitgliedern, sondern auch bei den Gästen. 

Unter den Gästen befand sich auch der frühere Weltmeister Henning Fritz (Foto: cls)

Die neunzig Minuten gingen viel zu schnell vorbei. Die Löwen haben mit ihrem ersten Talk gezeigt, dass es sehr nützlich sein kann, wenn man über die wichtigen anstehenden Probleme offen diskutiert. Die Reaktionen der Gäste waren durchaus positiv und viele hätten gerne noch weitergemacht. Jennifer Kettemann und ihre Mitstreiter haben erkannt, dass man auf diesem Wege wichtige Informationen weitertransportieren kann. Es ist geplant, dass in den nächsten Talkrunden auch immer wieder über den Tellerrand hinausgeschaut werden soll, um zu erkennen, wie andere Sportarten mit vergleichbaren Problemen umgehen.