Rhein-Neckar-Löwen erobern die Tabellenspitze

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Andy S
Fotos: Claudia Schmitt

Viele Fans der Rhein-Neckar-Löwen hatten lange davon geträumt, dass ihr Team einmal an der Tabellenspitze der Handball-Bundesliga rangieren wird, haben aber nach dem Halbfinale im Final Four von Hamburg nicht mehr so richtig daran geglaubt. Im Spitzenspiel zwischen Tabellenführer THW Kiel und dem Verfolger aus Baden setzten sich die Gelbhemden deutlicher als das Ergebnis am Ende darstellte mit 29:26 durch und überflügelten die Zebras von der Ostsee dank der besseren Tordifferenz.  Eine ausverkaufte SAP-Arena feierte diesen Sieg ausgelassen mit den Löwen und skandierten immer wieder „Spitzenreiter, Spitzenreiter…“. Niklas Landin-Jacobsen, der erneut zum „man oft he match“ erkoren wurde, erklärte nach dem Abpfiff: „Nun dürfen wir von der Meisterschaft träumen. Das konnte sich vor der Runde keiner vorstellen.“ Dabei strahlte der Däne über das ganze Gesicht.

Nach der Niederlage gegen die SG Flensburg-Handewitt im Halbfinale um den Pokal des Deutschen Handballbundes war der THW Kiel eindeutig in die Favoritenrolle für diese Spitzenpartie geschlüpft. Die Norddeutschen hatten zusätzlich den Vorteil sich länger auf diese wichtige Begegnung vorbereiten zu können. Trainer Gudmundur Gudmunsson blieben nach der enttäuschenden Vorstellung in Hamburg nur drei Tage, seine Mannschaft richtig einzustellen. Das Löwenrudel hat die Zeit effektiv genutzt und präsentierte sich gegen den deutschen Rekordmeister in der Verfassung, wie es die Anhänger in letzter Zeit oft erlebt hatten.

Issaias
Fotos: Claudia Schmitt

Die Löwen zeigten vom Anpfiff weg eine andere Körpersprache und waren in Angriff und Abwehr sofort präsent. Mit dem ersten Angriff setzte sich Kim Ekdahl du Rietz vehement gegen seine Gegner durch und markierte die erste Führung. Im Gegenzug war Landin-Jacobsen sofort auf Betriebstemperatur und parierte einen Wurf von Aron Palmersson. Der isländische Spielmacher der Zebras verwertete zwar den Abpraller zum Ausgleich, aber die Fans feierten die erste Reaktion des Löwen-Keeper. Zwei weitere Akteure, denen in Hamburg nicht sonderlich viel gelungen war, weckten im folgenden Angriff Hoffnung, dass gegen Kiel mehr laufen könnte als gegen Flensburg. Die Achse Andy Schmid und Bjarte Myrthol schlug gleich beim ersten Versuch erfolgreich zu und erzielte die nächste Führung. Doch dann folgte nach der nächsten Parade von Landin-Jacobsen auf dem Weg nach vorne ein Schock für die Gastgeber, denn Alexander Petersson ohne Einwirkung eines Gegenspielers umgeknickt und musste vom Feld geführt werden. Der Linkshänder kam erst in den Schlussminuten wieder zurück, bis dahin wurde er von Issaias Guardiola hervorragend vertreten. Der Spanier agierte in der Abwehr an der Seite seines Zwillingsbruders Gedeon sehr sicher und setzte auch im Angriff wichtige Akzente. Mit seinem ersten Treffer erhöhte er die 3:2 Führung, die Uwe Gensheimer erzielt hatte. Doch zwei Fehler der Gelhemden führten schnell zum Ausgleich, denn Vujin und Palmersson ließen sich solche Einladungen nicht entgehen. In der folgenden Phase bestimmten die beiden Außen der deutschen Nationalmannschaft das Geschehen. Patrick Groetzki überwand die Kieler gleich dreimal in Folge und Gensheimer legte noch zum 9:5 nach. In der 16. Minute lagen die Löwen erstmals mit vier Toren in Front und Gästetrainer Alfred Gislasson zückte den grünen Karton. Die ausgegebene Taktik des isländischen Trainerfuchses begann sofort zu greifen, da die Badener in eine kleine Schwächephase rutschten. Die Gäste rückten den Löwen auf den Pelz und hatten fünf Minuten vor der Pause mit dem 11:10 durch den Ex-Löwen Gudjun  Valur Sigurdsson den Anschluss hergestellt. Die Norddeutschen läuteten damit eine hektische Schlussphase ein, in der es noch einmal mächtig zur Sache ging. Zunächst vergaben die Kieler die Chance zum Ausgleich, da Ekberg einen Siebenmeter nicht im Löwen-Gehäuse unterbringen konnte, dann baute Issaias Guardiola den Vorsprung wieder aus. Ein Ballverlust der Hausherren führte aber sofort zum erneuten Anschlusstreffer. In der vorletzten Spielminute vor der Pause nutzten Myrhol und Gensheimer ihre Chancen besser und erarbeiteten einen 14:11 Vorsprung. Der THW blieb dran und verkürzte durch Kreisläufer Rene Toft-Hansen. Mit dem letzten Angriff bracht Petersson Vertreter Guardiola den Ball im Kieler Tor unter, wurde aber aus unerklärlichen Gründen von der Schiedsrichter zurück gepfiffen. Der folgende direkte Freiwurf änderte nichts mehr an der 14:12 Pausenführung der Löwen.

Nach dem Wechsel stand die Partie ganz im Zeichen der Hausherren, die von den Rängen lautstark unterstützt wurden. In den ersten beiden Minuten ging es gleich hoch her. Landin-Jacobsen war mit zwei Paraden zur Stelle und vorne  scheiterte Groetzki mit einem Heber an der Latte. Kurz vor Ablauf dieser Startphase war dann wieder du Rietz zur Stelle und legte auf 15:12 vor. Im Gegenzug versemmelte Jicha  den nächsten Siebenmeter für seine Farben. Spielmacher Schmid tankte sich durch und netzte das nächste Mal ein: 16:12. Wieder war es Landin-Jacobsen der mit einer tollen Parade den folgenden Angriff einleitete. Über Gensheimer landete die Harzkugel bei Issaias und der fackelte nicht lange. 17:12. Der Löwen-Motor lief auf Hochtouren und war von den Zebras nur noch schwer zu bremsen. Nach einem Siebenmeter-Treffer durch Vujin baute Schmid mit zwei Toren den Vorsprung auf 19:13 aus und brachte die Halle zum Kochen. Im folgenden Spielabschnitt gelang es den Löwen die Zebras nicht nur auf Distanz zu halten, sondern Mitte der zweiten Hälfte noch eine Schippe drauf zu legen. Mit einem schnellen Gegenstoß sorgte Gensheimer in der 45. Minute mit dem 24:16 für einen acht Tore Vorsprung. Die Badener bogen damit auf die Siegerstraße ein, zumal Landin-Jacobsen im nächsten Angriff die Kieler erneut das Fürchten lehrte. Erst wehrte er einen Wurfversuch von Palmersson ab, der aber dabei behindert worden war. Der fällige Siebenmeter von Vujin wurde jedoch abermals eine Beute des dänischen Torhüters. „Landin, Landin-Rufe“ von den Rängen nahmen fast kein Ende. Bis zur 52. Minute, als Myrhol das 27:19 erzielte, behielten die Löwen die Nase mit acht Toren vorne.  Groetzki und Schmid sorgten mit weiteren Treffern dafür, dass der Titelverteidiger bei acht Toren im Rückstand blieb. In den letzten fünf Minuten ließ bei den Löwen die Konzentration etwas nach. Im Zeichen des sicheren Sieges schlichen sich bei den Gelbhemden einige Fehler ein, so dass der THW Ergebniskosmetik betreiben konnte. An dem 29:26 Erfolg der Rhein-Neckar-Löwen war aber nicht mehr zu rütteln. Die Halle und Mannschaft feierten minutenlang und ausgelassen.

 

Stimmen zum Spiel:

 

Oliver Roggisch, der an diesem Abend nicht zum Einsatz kam: „Die Abwehr war heute klasse und Niklas hat überragend gehalten.“

 

Dominik Klein (THW Kiel): „Wir haben heute kein gutes Spiel abgeliefert. Wir waren top vorbereitet, sind dann aber nicht gut in das Spiel rein gekommen. Um hier bestehen zu können,  haben wir die notwendige Aggressivität vermissen lassen.“

 

Niklas Landin-Jacobsen: „Das Pokalspiel hat mir schon einen besonderen Push gegeben. Dass wir vorne stehen ist ein gutes Gefühl. Die ganze Saison haben wir immer hinter Kiel gestanden und jetzt stehen wir auf Platz eines. Wir müssen aber trotzdem alle Spiele gewinnen, denn es ist nicht genug Kiel zu schlagen.“

 

Alfred Gislasson: „Ich bin über einige Sachen bei uns sehr enttäuscht, besonders über die Abwehr- und Torhüterleistung. Vorne haben wir nicht schlecht gespielt, hatten aber einen überragenden Landin gegen uns. Man muss sagen, dass wir verdient verloren haben“

 

Trainer Gudmundur Gudmundsson bedankte sich vor allem beim Publikum „für die unglaubliche Atmosphäre“. Er sagte weiter: „Ich bin sehr zufrieden. Wir haben in der Abwehr sehr gut gespielt. Und auch im Angriff haben wir eine gute Leistung gezeigt. Es war keine einfache Vorbereitung für uns, aber die Jungs haben die richtige Antwort auf das Pokalspiel gegeben. In der Meisterschaft ist noch nichts entschieden, es sind noch fünf Spiele zu spielen.“

 

Manager Thorsten Storm: „Die Mannschaft ist eine verschworene Einheit und hat es geschafft sich in der kurzen Zeit wieder auf zu richten. Bedanken muss man sich aber auch bei den Zuschauern, die uns mitgetragen haben. Wir gehen unseren Weg jetzt weiter.“