Löwen behalten ihre weiße Weste im Handballkrimi gegen HSV Handball

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Szene aus RNL vs HSV

Karlsruhe (esch). Vor dem Heimspiel gegen den Tabellenvierten der DKB Handball Bundesliga traf die Hiobsbotschaft vom unglaublichen Auswärtssieg der Kieler Zebras in Lemgo mit 24:46 die Rhein-Neckar-Löwen und ihre Anhänger mitten ins Mark. Entsprechend gehemmt trat das Team gegen den aktuellen Champions League Gewinner aus der Hansestadt in Hälfte eins auf. Kapitän Uwe Gensheimer meinte sogar, sie hätten mit angezogener Handbremse agiert. Folge war ein 12:15 Rückstand zur Pause. Nach dem Wechsel sahen die 10.609 Zuschauer in der Mannheimer SAP-Arena ein Löwenrudel mit mehr Biss das es schaffte die Kiste noch zu drehen und somit den Zebras mit dem 32:31 Erfolg auf den Fersen zu bleiben. Die Truppe von Trainer Gudmundur Gudmundsson blieb auch im vorletzten Heimspiel ungeschlagen und hat sich im Kampf um die Meisterschaft noch einiges vorgenommen. „Respekt dafür auf jeden Fall, aber das zeigt, dass wir das auch schaffen können und darauf baue ich in den letzten Spielen“, warnte der Löwen-Kapitän die Norddeutschen im Interview mit Sport1.

Die Anfangsphase in diesem Spitzenspiel zeigte, welche Bedeutung beide Teams darin sahen, denn der Beginn wurde von den Abwehrreihen und zwei sehr gut aufgelegten Torhütern bestimmt. Niklas Landin-Jacobsen bei den Gastgebern und der Rückkehrer ins Adlerteam, Johannes Bitter, erschwerten gerade im ersten Spielabschnitt den Angreifern das Tore werfen. So dauerte es ganze drei Minuten bis den Gästen durch Stefan Schröder das erste Tor des Abends gelang. Alexander Petersson und Bjarte Myrhol drehten das Ergebnis und legten nun für die Hausherren vor. Als Patrick Groetzki von Landin auf die Reise geschickt wurde, hieß es 3:1 und die Löwen Fans hofften, dass es so weiter gehen würde. Aber die Hanseaten bestraften in der Folgezeit jeden Fehler der Badener und glichen in der neunten Minute durch Nationalspieler Adrian Pfahl zum 3:3 aus. Petersson und sein Rückraumkollege, Kim Ekdahl du Rietz brachten ihr Team zwar jeweils bis zum 6:5 in Führung, aber der HSV hatte durch Pfahl und Kentin Mahe jeweils die richtige Antwort parat. Mitte der ersten Hälfte ließen die Löwen erneut zwei dicke Chancen aus und gerieten durch schnelle Gegenstöße der Hamburger mit 6:8 ins Hintertreffen. Gensheimer nutzte einen Abpraller von Jogi Bitter, der einen Wurf von Sergei Gorbok abgewehrt hatte, sofort zum Anschlusstreffer, aber seine Mitstreiter produzierten weitere Fehler. Allerdings blieben die Schwächen der Löwen ohne Folgen, da die Gäste ebenfalls an Landin scheiterten oder Chancen liegen ließen. Der dänische Zerberus im Gehäuse der Gastgeber ermöglichte durch eine weitere Parade die Möglichkeit zum erneuten Ausgleich durch den Löwen Kapitän neun Minuten von der Pause. Die Tore von Joan Canellas und Gorbok bedeuteten immer noch Gleichstand. Zwei Unachtsamkeiten in der Abwehr der Badener nutzten die Nordlichter zur nächsten Führung mit zwei Treffern. Knapp drei Minuten vor dem Pausenpfiff verkürzte Gensheimer per Siebenmeter auf 11:12 und die Möglichkeit zum Ausgleich wäre da gewesen, da Mahe eine Zeitstrafe absitzen musste. In Unterzahl erhöhte Duvnjak auf 11:13 und während des nächsten Angriffs der Löwen kassierte Torsten Jansen die nächste Zeitstrafe. Die doppelte Überzahl schien für die Gastgeber aber mehr zur Last zu werden als für die Schützlinge von Trainer Martin Schwalb. Groetzki und Spielmacher Andy Schmid scheiterten an Bitter und nach weiteren Ballverlusten der Gelbhemden bauten Flohr und Pfahl den Vorsprung auf 11:15 aus. Myrhol gelang zwar noch der zwölfte Treffer für seine Farben, aber mehr war in Hälfte eins einfach nicht drin. Die Gastgeber spielten ohne Herz und Leidenschaft, so dass der Rückstand nicht zu vermeiden war.

Die zweite Halbzeit begann für die Löwen wieder in Überzahl, da Duvnjak kurz vor dem Pausenpfiff sich noch eine Zwei-Minuten-Strafe einhandelte und wieder zog der HSV zuerst den Nutzen daraus. Pfahl erhöhte mit dem ersten Angriff auf 12:16. Den Rückstand von vier Toren verkürzte Gensheimer von der Linie und dann zeigte das Team von Gudmundsson, dass die Halbzeitpredigt des Trainers angekommen war. Ekdahl du Rietz tankte sich durch und versenkte den Ball hinter Bitter. Den folgenden Wurfversuch von Pfahl entschärfte Landin und Petersson markierte den Anschlusstreffer zum 15:16. Die Löwen waren zurück und das mit einer ganz anderen Körpersprache. Zwar gelang Canellas noch einmal den Vorsprung auf zwei Tore auszubauen, aber Schmid tanzte die HSV Deckung zum ersten Mal aus und erzielte das 16:17. Der spanische Weltmeister im Trikot der Badener, Gedeon Guardiola, eroberte den Ball und schickte Petersson auf Reisen, der sicher zum Ausgleich verwandelte. Beim nächsten Angriff der Gäste kam der kroatische Spielmach Duvnjak frei zum Wurf und traf Landin am Kopf, der umfiel und im Kreis liegen blieb. Die „Kopfabwehr“ nahmen die Löwen auf und trugen über Gensheimer einen schnellen Gegenstoß vor, der auch zur Führung im HSV-Tor landete. Danach wurde der dänische Keeper länger behandelt, konnte aber weitermachen. Schwalb nahm eine Auszeit und gab eine nächste Order aus. Weltmeister Canellas trat wieder zum Siebenmeter an und ließ Landin keine Chance: Ausgleich zum 18:18 in der 38. Minute. Das Rückraumtandem Petersson und du Rietz schlug abermals zu und die Hausherren führten plötzlich mit zwei Toren. Es wurde ein Kampf auf Biegen und Brechen, wobei beide Teams deutlich Siegeswillen zeigten. Als Schröder ein Zuspiel von Canellas hinter Landin unterbrachte und im Gegenzug Bitter Schmid den Erfolg verwehrte, schien sich die Sache wieder zu wenden. Die Löwen arbeiteten in der zweiten Hälfte in der Abwehr wesentlich besser und gewannen etliche Male die Harzkugel. Außerdem stand hinter der Deckung Landin, dessen Fußabwehr gegen Toto Jansen direkt beim nach vorne gelaufenen Gensheimer landete. Der Linksaußen ließ seinem Kollegen aus der Nationalmannschaft keine Chance und erhöhte auf 21:19. Aber die Führung dauerte nicht lange, denn Pfahl und Duvnjak nutzten zwei Fehler der Gelbhemden zum abermaligen Ausgleich. Aber in Hälfte zwei stand auch die Halle voll hinter ihren Schützlingen und feuerte sie lautstark an. Um die 45. Minute wurde die Begegnung zu einem offenen Schlagabtausch. Die Badener legten vor, aber die Hanseaten fanden immer eine richtige Antwort. In der 48. Minute war man beim 24:24 angekommen, als die Hausherren durch du Rietz wieder vorlegten. Nachdem Pfahl seinen folgenden Versuch neben das Tor setzte, war die Chance da abermals zwei Treffer weg zu ziehen. Gensheimer nutzte die erste von der Linie. Landin stoppte Rechtsaußen Schroder und schickte den Angriff los. Nikolai Manojlovic lief nicht wie sonst zur Bank, sondern mit nach vorne. Sein Treffer bedeutete in der 51. Minute eine Führung mit drei Toren. Nächste Auszeit durch Martin Schwalb und ein Wechsel auf der Torhüterposition, Marcus Cleverly kam für Bitter. Vorne vergab Duvnjak aber hinten war der Nationalmannschaftskollege von Landin gegen Gensheimer erfolgreich. Da die Norddeutschen beim nächsten Angriffsversuch leer ausgingen konnte Gensheimer per Siebenmeter erstmals eine Differenz von vier Treffern herstellen. Aber das war noch lange nicht die Entscheidung, denn Hamburg ließ nicht locker. Peter Djordjic markierte seinen ersten Treffer, ehe Schmid mit einer akrobatischen Einlage den alten Abstand herstellte. Nach dem Tor durch Canellas von der Linie nahm Gudmundsson seine Auszeit. Aber nach einem Ballverlust der Löwen verkürzte Flohr wieder auf zwei Tore beim 29:27. Der Schweizer Mittelmann der Gelbhemden machte seinen Fehler wieder gut und versenkte den nächsten Wurf im HSV Gehäuse. Es waren noch knapp drei Minuten zu spielen, als Manojlovic für zwei Minuten auf die Bank verbannt wurde. Canellas nutzte die erste Gelegenheit eiskalt und stellte mit dem 30:29 wieder den Anschluss her. Wie es sich für einen Spielmacher ziemt, übernahm Schmid auch im nächsten Angriff die Verantwortung und legte zwei Minuten vor dem Ende wieder zwei Tore zum 31:29 vor. Schon im Gegenzug wuchtete Djordjic den Ball zum 31:30 ins Netz. Beim nächsten Angriff sahen die Schiedsrichter ein Offensivfoul von Groetzki und brachten Hamburg in Ballbesitz. Djordjic stürzte beim Absprung zu einem Wurfversuch und verlor den Ball an die Löwen. Groetzki enteilte zum Gegenstoß und erhöhte auf 32:30. Das Nachwuchstalent der Norddeutschen war liegen geblieben. Er hatte sich, wie sich inzwischen herausstellte einen erneuten Kreuzbandriss zugezogen, nachdem er noch nicht lange von der gleichen Verletzung genesen war. Schwalb nahm seinen Torhüter vom Feld und brachte einen siebten Spieler. Schröder wurde auf Außen frei gespielt, scheiterte aber an Landin. Die Schiedsrichter entschieden aber auf Siebenmeter, den Canellas sicher verwandelte: 32:31. Auf der Uhr waren noch zwanzig Sekunden zu lesen, da griff Gudmundsson zum grünen Karton: Auszeit. Die Gäste gingen zur offensiven Manndeckung über, aber Gensheimer konnte ihnen auf Rechtsaußen entwischen und nahm den Wurf. Leider nagelte er den Ball zu früh über die Latte, denn Cleverly konnte den Ball noch nach vorne befördern in Richtung Flohr. Aber zu spät, denn das Spiel war zu dem Zeitpunkt beendet, als der Ball nach vorne unterwegs war. Es gab zwar noch einige Verwirrung, ehe die Schiedsrichter erklärten, dass das Tor von Flohr zu spät kam. Danach folgte ein unbeschreiblicher Jubel in der SAP-Arena. Ein unheimlich wichtiger Sieg gegen einen unangenehmen Gegner war eingefahren worden. Die Rhein-Neckar-Löwen bleiben im Rennen um die deutsche Meisterschaft, die mit Sicherheit erst am letzten Spieltag entschieden wird.

Trainer Martin Schwalb fasste sich auf der Pressekonferenz ziemlich kurz: „Ich bin sehr stolz auf meine Mannschaft. Kompliment.“

Trainer Gudmundsson war sichtlich erleichtert: „„Es war ein Spiel auf sehr hohem Niveau. In der ersten Halbzeit war ich mit der Angriffsleistung nicht zufrieden, wir haben unsere Linie nicht gefunden. Die zweite Halbzeit sind wir ganz anders aufgetreten. Mit mehr Leidenschaft, Wille und Aggressivität, das war ein ganz anderes Spiel von uns.“

Auch Manager Thorsten Storm merkte man an, dass er mit dem Ausgang der Begegnung zufrieden war: „Es war ein Spiel auf Augenhöhe, Hamburg ist eine unangenehme Mannschaft. Beide Teams hätten den Sieg verdient gehabt, unsere bessere zweite Halbzeit hat den Ausschlag gegeben.“

Für die Rhein-Neckar-Löwen spielten: Niklas Landin-Jacobsen, Goran Stojanovic – Andy Schmid (5), Oliver Roggisch, Zarko Sesum, Issaias Guradiola, Nikolai Manojlovic (1), Sergey Gorbok (2), Bjarte Myrhol (3), Patrick Groetzki (2), Gedeon Guardiola, Alexander Petersson (6), Kim Ekdahl du Rietz (4), Stefan Sigurmannsson

Für den HSV Hamburg Handball spielten: Johannes Bitter, Marcus Cleverly – Stefan Schöder (4), Domagoj Duvnjak (3), Torsten Jansen, Matthias Flohr (5), Joan Canellas (7/3), Peter Djordjic (2), Andreas Nilsson (4), Kentin Mahe (1), Davor Dominikovic, Adrian Pfahl (5), Blazenko Lackovic,