Löwen vergaben Sieg gegen THW Kiel

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Karlsruhe/Mannheim (esch). Wie hat ein Zuschauer treffend nach dem Handballkrimi in der SAP-Arena Mannheim das Geschehene auf den Punkt gebracht: „Heute haben sich die Löwen selbst geschlagen.“ Er spielte damit auf die vielen vergebenen Chancen der ersten Hälfte an, in der es die Rhein-Neckar-Löwen versäumten gegen den deutschen Rekordmeister THW Kiel eine größere Tordifferenz vorzulegen. So kämpfte sich die Startruppe aus dem hohen Norden zurück und rangen am Ende den Herausforderer gnadenlos mit 28:29 nieder.

Kim Ekdahl du Rietz tankt sich durch (Foto: cls)
Kim Ekdahl du Rietz tankt sich durch (Foto: cls)

Die ausverkaufte Arena stand von der ersten Minute an wie der achte Mann hinter den Löwen und unterstützte ihr Team lautstark. Kapitän Uwe Gensheimer brachte seine Farben mit einem schnellen Gegenstoß in Führung, doch dann dominierten auf beiden Seiten die Abwehrreihen. Die Schiedsrichter versuchten mit fünf Verwarnungen in den ersten acht Minuten die Brisanz aus der Partie zu nehmen, was aber nur teilweise gelang. Über die gesamte Distanz wurden die Trikots permanent Reißtests unterzogen und am Kreis wurde mehr gerungen als Handball gespielt. So war es nicht verwunderlich, dass die nächsten Treffer alle von der Siebenmeterlinie erfolgten. Kiels Spielmacher Canellas glich in der fünften Minute aus und Gensheimer legte mit zwei Würfen von der Linie zum 3:1 vor. Dem deutschen Nationalspieler Steffen Weinhold gelang in der neunten Minute der erste Treffer aus dem Spiel, aber der folgende Ausgleich der Kieler entstand wieder durch einen Siebenmeter. Mehr Tore waren in der Anfangsphase einfach nicht drin, da die Deckungen nicht mehr zuließen. Kam dann doch mal ein Wurf durch die Bollwerke, wurde er eine Beute von Niklas Landin oder Johan Sjöstrand. Es dauerte bis zur 14. Minute bis Alexander Petersson das nächste Ausrufezeichen setzen konnte und die Löwen wieder in Front brachte.
Mitte der ersten Hälfte begannen die Schiedsrichter Fleischer/Rieber Zeitstrafen zu verteilen. Abwehrstratege Stefan Kneer von den Badenern traf es als Ersten, doch trotz Unterzahl erhöhte Bjarte Myrhol auf 5:3. Nach dem erneuten Anschlusstreffer durch Dominik Klein begann der große Auftritt von Niklas Landin, der mit mehreren Paraden die Fehler ausbügelte, die seine Kameraden im Angriff produzierten. Wieder dauerte es einige Zeit bis durch Kim Ekdahl du Rietz das nächste Tor erzielt wurde. Trainer Alfred Gislason nahm eine Auszeit. Seine Mannschaft verkürzte, aber die Löwen waren dann durch ihre schnellen Außen Patrick Groetzki und Gensheimer zweimal nach Paraden Landins erfolgreich, Führung mit 8:5. Auch für den nächsten Torerfolg durch Kneer war Landin die Ausgangsstation, der gleich zweimal gegen Marco Vujin und Weinhold zur Stelle war. Mit 9:5 gegen den Meister in Führung zu liegen war zu diesem Zeitpunkt jedoch zu wenig, zieht man die Fehlwürfe und die technischen Fehler in Betracht, die den Gelbhemden unterliefen. Auf Kieler Seite agierte aus dem Rückraum mit Canellas ein Mann von absoluter Weltklasse, der mit seinen Auftritten den THW alleine im Spiel behielt. Er führte die Zebras wieder heran auf 10:8 ehe Patrick Wiencek für zwei Minuten vom Feld musste. Es folgte wieder ein kapitaler Fehlpass, den Klein abfing und den Gegenstoß zum Anschlusstreffer hinter Landin versenkte. Die Norddeutschen waren abermals in Schlagdistanz und ließen sich bis zur Pause nicht mehr abschütteln. Mit 12:11 wurden die Mannschaften in die Kabinen geschickt. Das Fazit der ersten Halbzeit fiel für die Gastgeber ernüchternd aus: Wenn man nur elf Gegentore kassiert und der eigene Torhüter mit zwölf Paraden aufwarten kann, dann muss einfach ein höherer Vorsprung herausspringen.
Nach dem Wechsel wurde die Kiste noch enger, denn die Gäste intensivierten ihre Anstrengungen in Angriff und Abwehr und hatten immer eine passende Antwort auf Aktionen der Löwen. Schon mit dem ersten Angriff nach Wiederanpfiff glich Wiencek aus und nach einem Ballverlust der Gelbhemden musste Landin Kopf und Kragen gegen Weinhold riskieren, um die Führung der Gäste zu verhindern. Nach dem erfolgreichen Eingreifen des dänischen Torhüters gegen Nationalspieler Wienczek besorgte Groetzki mit dem Gegenstoß die abermalige Führung. Doch dann drehte der Meister den Spieß um, glich nicht nur aus, sondern ging das erste Mal in Front. Jetzt waren die Schützlinge von Trainer Jacobsen in Zugzwang und nahmen die Herausforderung mit der Unterstützung der Arena auch an. Alexander Petersson und Gensheimer führten die Wende zum 15:14 herbei und bauten den Vorsprung nach einer weiteren Parade von Landin auf 16:14 aus. Aber die Zebras wussten jetzt schnell einen Gegenschlag zu setzen und führten plötzlich wieder mit 19:21. Die Löwen wollten sich aber so schnell nicht geschlagen geben und konterten durch Myrhol und du Rietz zum Ausgleich bei 21:21. Allerdings ermöglichten unnötige Fehler der Gastgeber den Zebras sofort

Alexander Petersson fand eine Lücke (Foto: cls)
Alexander Petersson fand eine Lücke (Foto: cls)

zwei Treffer vor zu legen. Zehn Minuten vor dem Ende lagen die Kieler mit 21:23 in Front und verteidigten diese Führung clever bis in die Schlussphase. Sobald der Tabellenführer den Anschluss erzielte, folgte durch Vujin oder Canellas der nächste Rückschlag. Es waren noch fünf Minuten auf der Uhr als Petersson mit einem Doppelschlag der Ausgleich gelang und die Halle zum Kochen brachte. Für die Hausherren war die Tür wieder weit geöffnet worden. Aber der THW hatte Canellas. Der Spanier traf nach Belieben und konnte von der Löwen-Abwehr an diesem Tag nicht gebremst werden. Er versenkte seinen nächsten Wurf zum 27:28. Die Zuschauer hatten sich schon längst von den Sitzen erhoben, standen wie eine Wand hinter ihrem Team und brachten die Halle zum Beben, als Gensheimer zwei Minuten vor dem Ende der Ausgleich gelang. Nächster Angriff der Zebras rollte auf das Löwen Gehäuse zu. Und wie schon bei der letzten Heimniederlage, damals gegen den HSV, war es Domagoj Duvnjak der den Gelbhemden den Gnadenstoß gab. Im ganzen Spiel war er an Landin oder der Abwehr gescheitert und ausgerechnet seinen letzten Wurf musste der dänische Keeper passieren lassen. Aber noch waren anderthalb Minuten zu spielen und die Hausherren waren in Ballbesitz. Der schwedische Rückraumshooter du Rietz tankte sich durch und wuchtete den Ball aber zum Entsetzen der Fans an die Latte. Aus der Traum? Nein, denn zehn Sekunden vor dem Schlusspfiff kamen die Löwen noch einmal in Ballbesitz und spielten schnell nach vorne. Christian Sprenger hummelte Gensheimer einfach um und erhielt nur zwei Minuten Zeitstrafe für diese Aktion. Es gab einen direkten Freiwurf, den Andi Schmid wiederholen durfte, da sich die Mauer der Zebras zu früh bewegt hatte, der Schweizer kam aber auch danach nicht durch. Die Kieler feierten einen wichtigen Sieg, durch den sie in der Tabelle mit den Löwen gleich zogen, wobei die Badener aufgrund der besseren Tordifferenz auf Platz eins bleiben.
Trainer Jacobsen hatte vor der Begegnung schon gesagt, dass die Kieler nur zu schlagen seien, wenn bei seinem Team alles nach Plan läuft und jeder eine Topleistung abrufen kann. Leider ist dies seinen Jungs nicht über die vollen sechzig Minuten gelungen. In der zweiten Hälfte wies die Abwehr öfters Lücken auf, die von den Kielern eiskalt genutzt wurden. Auch Niklas Landin musste gegen seinen neuen Arbeitgeber im zweiten Spielabschnitt Treffer hinnehmen, die er in Halbzeit eins noch abwehrte. Die Rhein-NeckarLöwen haben dem deutschen Rekordmeister einen großen Kampf geliefert, aber auch durch viele eigene Fehler das Tor zum Sieg der Gäste selbst aufgestoßen.
Für die Rhein-Neckar Löwen spielten: Niklas Landin, Bastian Rutschmann (für einen Siebenmeter) – Andy Schmid (3), Uwe Gensheimer (8/4), Stefan Kneer (2), Stefan Sigurmannsson, Bjarte Myrhol (4), Mads Mensah Larsen (1), Harald Reinkind, Gedeon Guardiola, Alexander Petersson (5), Patrick Groetzki (2), Kim Ekdahl du Rietz (3)
Für den THW Kiel spielten: Johann Sjöstrand, Andreas Palicka – Domagoj Duvnjak (1), Rene Toft Hansen (1), Christian Sprenger (1), Steffen Weinhold (1), Patrick Wiencek (2),Niclas Ekberg (1), Joan Rexasch Canellas (11/4), Rune Dahmke, Dominik Klein (5),Marko Vujin (6)